Berichte in: Der Neue Tag vom 20.5.2008 und vom 6.6.2008
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Flossenbürg. (nm)
Die Lage des Schatzes der Weißen Frau gibt die Burgruine nicht so ohne weiteres Preis. Gleiches gilt für Details aus der bis um 1100 zurückreichenden Geschichte. Richard Schedl gibt dennoch nicht auf. Immer wieder gelingt es ihm, Geheimnissen auf die Spur zu kommen. In einer Ausstellung präsentiert er ab 1. Juni Ofenkacheln und Eisenteile, die den Spalt zum Blick in die Vergangenheit ein wenig weiter öffnen.
Ein Burgfan ist Schedl schon seit Kindheit. Früher diente die ehemalige Hohenstaufenfeste als Spielplatz. In den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gelang ihm der "ganz große Coup". Er schaffte es, zahlreiche Fachstellen an einen Tisch zu bekommen und Ausgrabungs- und Restaurierungsarbeiten Realität werden zu lassen. Als damaliger Vorsitzender des Oberpfälzer Waldvereins verbrachte er ungezählte Stunden hoch über den Dächern der Gemeinde.
In
einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bekamen die alten Gemäuer das Gesicht, in
dem sie sich noch heute darstellen. Den Gästen bietet sich seitdem ein
imposanter Einblick in die Ausmaße der Feste oder in die Anordnung und den
ursprünglichen Zweck der Räumlichkeiten. Vor zwei Jahren rückten erneut und
wiederum unter der Leitung Schedls Arbeiter mit Schaufel und Schubkarren auf der
Burg an.
Neben Grabungen im östlichen Bereich rückte besonders der Batterieturm in den Mittelpunkt des Interesses. Errichtet wurde er um 1500. Sein Name leitet sich von einer Geschützbatterie ab, die dort zur Verteidigung untergebracht war. Deutlich erkennbar sind noch die über vier Stockwerke verteilten Schießscharten.
Faszinierend
fand Schedl regelrechte Berge von Ofenkacheln. Heil war keine davon, es handelte
sich um 1330 Bruchstücke. Nach der Reinigung und Grobsortierung begann ein
Puzzlespiel, das den Burgexperten nicht wieder los ließ. Immer wieder fanden
und finden sich Teile, die aneinander passen: "Nach einigen Stunden muss
man aber aufhören. Dann lässt zwangsläufig die Konzentration nach, und man
sieht nur noch grün."
Grün ist die Farbe der Kachellasur. Allerdings nicht immer, auch Braun- und
Schwarztöne tauchten auf, wobei das auf die Einflüsse von äußerer Hitze
hindeutet: "Die Scherben stammen von mindestens vier verschiedenen Öfen.
Es ist wahrscheinlich, dass sie einem Großbrand zum Opfer fielen und im
Batterieturm, der zur Verteidigung nicht mehr notwendig war, quasi entsorgt
wurden."
Auch
wenn es sich um unterschiedliche Kachelöfen handelte, in Varianten wiederholen
sich bestimmte Motive. Stets sind eine Frau und ein kleiner Hund dabei. Durch
Zufall löste sich das Rätsel. Bei einer Sendung des Bayerischen Fernsehens über
die Töpferin Barbara Lampe aus Oberammergau zeigte sich eine verblüffende Übereinstimmung
zwischen den von ihr nach alten Motiven gefertigten Ofenkacheln und den Funden
in Flossenbürg.
Rasch war klar, dass es sich um ein und dieselbe Vorlage handeln musste. Sie symbolisiert in abgewandelten Bildern Gehör, Geschmack, Geruch, Geschau und Gefühl. Verwendet wurden solche Kacheln im 16. Jahrhundert. Drei der für die Fertigung nötigen Modeln hatte die Töpferin von ihrem Vater geerbt, die anderen wurden neu modelliert. Woher der Vater die Vorlagen hatte, konnte Lampe nicht in Erfahrung bringen.
Damit
bleibt die Frage offen, wie es dazu kommen konnte, dass die in Oberammergau
gefertigten Kunstwerke bis aufs Detail mit denen auf der Burg übereinstimmen.
Schedl gibt die Hoffnung nicht auf: "Vielleicht findet sich doch noch
jemand, der sich mit einer ähnlichen Thematik schon einmal befasst hat und mehr
weiß. Bislang kam es trotz ungezählter Telefonate oder Recherchen im Internet
leider zu keinen weiteren Resultaten." Unabhängig davon seien die überörtlichen
Zusammenhänge zu einer spannenden Geschichte geworden, die hoffentlich noch
nicht ihr Ende erreicht habe.
Mit Geschichten wollte es der Spurensucher nicht bewenden lassen. Die
Oberammergauer Töpferin stellte Schedl ihre Modeln zur Verfügung, von denen er
Silikonabdrücke fertigte. Damit gelang es, Gipskacheln herzustellen, in die
Originalfunde von der Burg eingearbeitet wurden. Es war eine diffizile Aufgabe,
die der Flossenbürger glänzend löste. Anschaulich zeigt sich nun, dass es den
Burgbewohnern nicht nur um Wärme, sondern auch um Kunst ging.
Bericht in: Der Neue Tag vom 6.6.2008
Flossenbürg. (nm)
Zu einer spannenden Zeitreise kam es am Sonntag (1.6.2008) im Burgmuseum. Richard Schedl entpuppte sich an dem Nachmittag im Zusammenhang mit der ehemaligen Hohenstaufenfeste wieder einmal als wandelndes Geschichtslexikon. Er stellte Interessantes und Wissenswertes zu Ausgrabungsfunden vor.
Wenn es um "seine" Burg geht, lässt der Experte nicht locker. So auch vor drei Jahren, als es darum ging, das Innere des Batterieturms frei zu legen. Etwa die Hälfte des runden Gebäudes war mit Erdreich aufgefüllt. Das stimmte allerdings, wie sich später herausstellte, in dieser Form nicht ganz. Als es nach Verhandlungen mit den zuständigen Behörden "grünes Licht" gab, kam es bereits nach wenigen Schaufelstichen zur großen Überraschung.
Der
Inhalt des Turms entpuppte sich als Schutthalde. Eisenteile und Kachelfragmente
- zum Teil angekohlt - ließen den Schluss zu, dass hier nach dem Brand eines
"herrschaftlichen Gebäudes" Überreste entsorgt wurden. Und die boten
einen durchaus intensiven Einblick in Details der Handwerkskunst vergangener
Jahrhunderte: "Je tiefer wir aushoben, desto mehr kam ans Tageslicht."
Der Begeisterung von Schedl und weiteren Fachleuten folgten allerdings
arbeitsreiche Monate.
Schedl erinnerte sich: "Säubern, sortieren und konservieren entwickelte
sich zur mühseligen und zeitaufwändigen Arbeit. Unterstützung gab es durch
meine Ehefrau und meine Tochter. Allerdings hätte ich wohl nicht nur einmal
aufgegeben, wenn nicht Manuela Riedl von der Gemeindeverwaltung immer wieder
angeschoben hätte. Sie ließ nicht locker und machte mir Mut. Zu Recht, wie
sich am Ergebnis zeigt."
Dass es überhaupt so weit kommen konnte, sei auch Peter Schleifenheimer zu verdanken. Der Archäologiestudent aus Floß steuerte Rat und Tat zu dem spannenden Unterfangen bei. Überregionale Zusammenhänge erschlossen sich, als es zu Kontakten mit Barbara Lampe kam. Die Töpferin aus Oberammergau ließ es sich nicht nehmen, am Sonntag persönlich in der Grenzgemeinde vorbeizuschauen.
Durch einen Zufall hatte sich herausgestellt, dass Lampe nach alten Vorlagen
Kacheln fertigt, die bis ins Kleinste mit den Funden in der Flossenbürger Ruine
übereinstimmen. Eine Erklärung dafür gibt es trotz intensiver Recherchen
nicht. "Vielleicht findet sich doch noch jemand, der Licht ins Dunkle
bringt", hoffte Schedl. Das gelte nicht nur für die Kacheln, sondern auch
für einige Eisenteile, deren Verwendungszweck sich nicht erschließt.
Für die Gemeinde gratulierte zweiter Bürgermeister Ernst Gruber zu der während
der kommenden Wochen zu sehenden Sonderausstellung: "Dass sich Richard
Schedl so intensiv mit der Vergangenheit unserer Burg befasst, ist ein echter Glücksfall.
Ihm ist es im Übrigen auch zu verdanken, dass das Burgmuseum vor zehn Jahren
entstand."